- Enter the Cave of Hellfire! -
Zur optischen Eingewöhnung reisen wir einfach mal schnell von Schleswig-Holstein durch einen den Tag zur Nacht machenden Wolkenbruch zum Hotel im
Wenn ich ganz ehrlich bin, dann hätte ich diese Fahrt für das diesjährige Billing unter normalen Umständen wohl nicht auf mich genommen. Doch ich war ja nicht nur ziemlich ausgehungert, sondern musste ja auch irgendwann mal - möglichst vor dem nächsten Roadburn Festival - ein bisschen üben, wie ich mehrtägige Veranstaltungen plus lange Autofahrten mit geänderten gesundheitlichen Voraussetzungen für mich organisieren kann. (Zum Glück ging das ziemlich reibungslos.)
Anderseits wäre ohne Covid-19, bei voller Planungsfreiheit mit allen internationalen Bands, wohl auch das Programm sicherlich stärker gewesen. Das Label hat in Übersee schließlich u.a. Kayo Dot und Coven im Stall.
Ein Teil von mir hatte natürlich auch unter aktuellen Umständen schon stark gehofft, dass die Anfang des Jahres gesignten Magma (ja, die französischen Zeuhl-Legenden Magma!) evtl. ihre Aufwartung machen könnten. So gesehen blieben Prophecy Productions, die hier dieses Jahr ihren fünfundzwanzigjährigen Geburtstag feierten, unabhängig von der tatsächlich gebotenen Qualität ganz klar unter ihren potentiellen Möglichkeiten.
Statt eines Programmheftes hatte es ja schon bei meinem letzten Prophecy Fest (2017; also das vorletzte, da das Festival seitdem alle zwei Jahre stattfindet) ein Artbook mit zwei Sampler-CDs zur Begrüßung gegeben, Dieses Jahr war das Format jenes Buchs noch größer und es enthielt sogar 4 CDs. Die Geschichte und Diskographie des Labels habe ich ehrlich gesagt bisher nur oberflächlich überflogen. Es reichte allerdings, um über meinen Bruder die seit Ewigkeiten komplett verschüttete Erinnerung an meine erste Begegnung mit Prophecy Productions vor drölfzig Jahren zumindest teilweise freizubuddeln.
Es ist ja auch nicht so, dass ein für beide Seiten peinlicher Gästebuchkonflikt aus der prä-sozialmedialen Zeit (aber einer aus dem Prophecy-Lager hatte mit extrem dreister Tonstudio-Werbung angefangen! Nana nananah!) irgendeinen brauchbaren Erinnerungswert hätte. Aber jetzt ist der Bullshit nun mal in meinem Kopf und muss da wieder raus, haha.
Prophecy Fest - Goodies + Merch-Einkäufe |
der Höhleneingang |
Man musste sich also nicht um allzu viel kümmern, was auch das Motto meiner bei anderen Festivals ja durchaus gerne übertrieben akribischen Vorbereitung war. Wenn es eh nur eine Bühne gibt, dann muss man sich keinen detaillierten Plan ausarbeiten. Ich ging also erfrischend unwissend an dieses Wochenende heran.
Zum Glück gab es tatsächlich nur mittelprächtigen Neofolk und anderes für mich ebenso nebensächliches Zeug. Und dass einige Höllenabschnitte auf der Autobahn dann doch noch zu weiterer Verspätung als erwartet sorgten und verhinderten, dass ich rechtzeitig zu den 2017 schon einmal gesehenen Sun Of The Sleepless am Ort des Geschehens eintraf, fand ich auch nicht weiter tragisch.
Hekate |
Prophecy ist stilistisch ja mittlerweile nicht mehr leicht zu fassen, doch es gibt so ein paar Merkmale, die sich viele Gruppen auf dem Label teilen. Eine nicht so gute Angewohnheit sind deutschsprachige Texte, bei denen man immer aus Angst vor Cringe-Poesie reflexartig alle Kenntnisse der eigenen Muttersprache ausblendet. Nett hingegen ist, dass komplett unabhängig vom Genre immer gerne zusätzlich Trommeln und andere Perkussionsinstrumente für Sänger, Gitarristen oder wer sonst gerade Zeit und Lust hat, auf die Bühne gepackt werden.
Auf die einerseits mystisch organischen, aber dann doch auch elektronisch unterkühlten Neofolker Hekate traf gleich beides zu. Unterm Strich war die Band aber zum Warmwerden ganz ordentlich. Außer diesem generellen Eindruck ist allerdings auch nichts konkretes nachhaltig hängengeblieben.
Dordeduh performing Negură Bunget |
Dornenreich |
Huch, da hätte ich im ersten Entwurf doch glatt eine Band vergessen! Naja, wer sich an meinen Bericht vom zweiten Festivaltag 2017 erinnert, der weiß, dass ich eher so nicht der Fan von Dornenreich bin, schon weil es sich hier um die schlimmsten Vertreter und vermutlich auch Begründer der bereits erwähnten Prophecy-Tradition der teutonischen Schlimmpoesie handelt.
Mein Plan war also, der Höhle komplett fernzubleiben und im Auto eine längere Entspannungspause einzulegen. Doch da meine Blutzuckerpolizei mir irgendwann anriet, bald mal einen Happen Kohlenhydrate zu mir zu nehmen, bewegte ich meinen Hintern dann doch früher als erwartet zum Currywurstwagen und bekam wieder ein bisschen Dornenreich mit. Zu meiner Überraschung trat erneut die akustische Duoversion der Gruppe auf, was sich damals schon als zumindest während der Gesangspausen eigentlich ganz passabel anhörbar entpuppt hatte. Ich musste also zumindest nicht mit dem heißen Teller in der Hand panisch fliehen.
Arthur Brown |
Ich will nicht so tun, als ob ich Brown-Experte sei. Klar, jeder kennt den Refrain von "Fire", doch das Ding wurde selbstbewusst schon früh, ich glaube an dritter Stelle der Setlist, verbraten, und alles andere war für mich im Grunde Neuland. Machte aber gar nichts, denn dass sich hier rechtmäßige Klassiker noch und nöcher aneinanderreihten, war auch so unschwer zu überhören.
Und vor allem: Was für ein fantastischer Sänger ist der Typ noch immer? Im Grunde eine volle Bluesröhre, die mich stark an Chris Farlowe erinnert, inklusive aller Achterbahnfahrten in spitze Falsetts und tiefere Lagen - aber doch noch eine ganze Ecke verrückter.
Ein irrer Auftritt, welches ein Publikum mitriss, das zu großen Teilen sicherlich aus Novizen seines Materials wie mir bestand. Für meinen Geschmack ganz klar und zweifelsfrei das Tageshighlight.
Primordial |
Kurz vorm Schlafengehen schaute ich dort erstmals in den Livestream des komplett übertragenen Festivals rein, der sich als ziemlich gut gemacht herausstellte. Primordial hauten da allerdings auch gerade in den Sack.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen