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Dool |
Zum Glück hatte ich mir für das Sankt Hell Festival im Grünspan kein Zwei-Tages-Ticket besorgt.
Am Mittwoch nämlich hat mich gerade noch rechtzeitig vorm Jahreswechsel die Seuche erwischt. Nach mit kurzen Pausen achtzehnstündigem Fieberausschwitzen war ich Donnerstag zwar immer noch ziemlich fertig, aber immerhin in der Lage, mich für den Fall, dass ich mein Tagesticket nicht mehr loswerden würde, auf den Weg nach Hamburg zu machen.
Zwar meldete sich kurz nach sechzehn Uhr noch ein Interessent, weil aber sechs Gruppen an einem Abend frühen Einlass bedeuteten, hatte ich mich da auch gerade schon ins Auto geschleppt.
Anderthalb Stunden später in der Location angekommen, schaltete ich auf Energiesparmodus und klebte ich mich gleich oben am mittigen Geländerplatz fest. Deswegen sind die Perspektiven meiner Bilder diesmal auch so super vielfältig. Man kann ein Konzert zur Abwechslung aber auch mal so verfolgen. Zumal ich gerade die beiden Gruppen, die ich beide heute zum dritten Mal in diesem Jahr sehen sollte, vorher stets aus der ersten Reihe verfolgt hatte.
Es gäbe zwar im folgenden Text ein paar Stellen, an denen ich den Sound im Grünspan bemängeln könnte, doch angesichts meines nach wie vor recht verstopften Kopfes bin ich mir gar nicht sicher, ob meine Wahrnehmung überhaupt relevant ist, deswegen halte ich mich diesbezüglich mal lieber zurück.
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Helhorse |
Zumindest bis der Sänger dazukam, der offenbar vom oberkörperfreien Dresscode ausgenommen ist. Demnach gab es dann auch keinen hundertprozentigen Hardcore auf die Ohren.
Breitbeinig wie der Manspreader in der U-Bahn war die Mucke aber dennoch. Ein Mix aus Punk, Metal, Rock'n'Roll, der für das was er sein wollte auf jeden Fall gut gemacht war, an dem ich auf einem Festival mit mehreren Bühnen aber wahrscheinlich nicht allzulange hängengeblieben wäre. Einfach nicht meine Baustelle. Voller Respekt aber an den kurzfristig eingesprungenen Aushilfsgitarristen, der von heute auf morgen das ganze Set lernen musste!
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Steak Number Eight |
Mit Steak Number Eight wurde es nun ganz irre. Die Belgier spielen einen aggressiven und nicht immer ganz leicht zugänglichen Post Metal mit Spuren von Mathcore. Nicht nur der Spagat zwischen panischem Geschrei und Melodie, sondern auch das destruktiv zappelige Stageacting legte eine Seelenverwandschaft zu The Hirsch Effekt nahe. Zum Glück hat der Frontmann sich nicht mit seinem Mikroständer erschlagen. Ganz klar die verrückteste Wundertüte des Abends.
Mir war es teilweise fast schon zu anstrengend, doch das muss ich wohl meiner Verfassung zuschieben.
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Dool |
Wer mein Blog dieses Jahr auch nur beiläufig verfolgt hat, den wird nicht überraschen, dass ich mir diesen musikalischen Jahresabschluss in erster Linie gegönnt habe, um nach dem
Hell Over Hammaburg und dem
Prophecy Fest hier mein
Dool-Triple zu feiern.
Zu oft kann man die diesmal wieder in normaler Besetzung mit Drums, Bass und drei Gitarren auftretenden Holländer um
Ryanne van Dorst ja ohnehin nicht sehen.
Natürlich war ihr epischer Dark Rock'n'Roll phänomenal. Vom riffwalzigen "The Alpha" über ein paar kürzere Stücke, zum Gänsehauthöhepunkt im Finale von "Vantablack" bis zum Abschließenden Übersong "Oweynagat" stimmte erneut alles.
Da alles, was ich im Zusammenhang mit dieser Band bisher erlebt habe, auf wunschlos glücklich machendem Höchstniveau stattgefunden hat, kann ich trotzdem festhalten, dass dies wohl bisher die "schlechteste" Show von ihnen war (kürzer und soundtechnisch nicht perfekt), ohne das dies tatsächlich eine Kritik darstellt.
Immer wieder gerne! Bin schon gespannt, was da in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft für neue Töne kommen.
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The Picturebooks |
Ebenfalls zum dritten Mal in 2017, zuletzt
erst kürzlich in Kiel, sah ich nun
The Picturebooks, zu deren ursprünglichen Garagenbluesrock in extralaut ich mir im Grunde auch nicht mehr viel neues aus den Fingern saugen kann.
Mögen drei Besuche für mich schon viel sein; für das Duo selbst war es tatsächlich bereits die einhundertsiebzigste Show des Jahres! Mittlerweile zeigen sich aber auch schon ernsthafte Verschleißerscheinungen. Also nicht im Spiel, aber durchaus in der Hardware.
Dass Trommelungetüm
Philipp nebenbei auf seinem beckenlosen Spezialkit auch gegen das Material - z.B. in Form des ständig der Schwerkraft nachgebenden Gesangsmikrofons - kämpft, gehört im Grunde zur normalen Performance.
An diesem Abend jedoch nahm es schon fünfzig Prozent der Show ein. Ein vergniesgnaddelter Snareständer, der ausgetauscht werden musste, der neue Ständer, der sich nicht auf die richtige Höhe stellen lassen wollte, ein Mikrofon, das einen ganzen Song lang auf einer Tom herumtanzte, herausfallendes In-Ear-Monitoring, ein absackender Trommelfuß... Der gute Mann war wirklich fast jede Minute des Sets mit mindestens einer Bonus-Challenge neben der Musik beschäftigt.
Das war zum einen an sich schon lustig anzuschauen, anderseits aber auch beeindruckend, weil es die Show nicht im geringsten beeinträchtigt hat. Eher im Gegenteil. Die
Picturebooks haben zurecht richtig dick abgeräumt.
Über die Winterferien gibt es nun zwei Hausaufgaben:
Philipp bringt bitte seine Hardware auf Vordermann! Und
Fynn denkt sich nach erledigter Hochzeit (Herzlichen Glückwunsch!) mal ein, zwei neue Ansagen aus. Danke schön!
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Karma To Burn |
Als nächstes kam nun das Riff zu Wort. Denn die Amis Karma To Burn bestehen aus kaum etwas anderem als eben jenem.
Instrumentaler Stoner / Hard Rock / Metal mit Premiumpowerdrumming, direkt und ungefiltert. Gerade für eine Instrumentalgruppe fand ich's sehr erfrischend, dass der Gitarrist seine Klampfe einfach mal ohne vom eigenen Kohlekraftwerk angetriebenen Rieseneffektboard direkt in den Amp gepluggt hat.
Ziemlich cool war das. Ich hätte mir eigentlich nur noch gewünscht, dass sie zumindest einmal so richtig schön auf die Doom-Bremse getreten wären.
Nebenbei hatten Karma To Burn auch ein paar der lässigsten T-Shirts dabei. Das Girlie mit den fickenden Einhörnern - ja, warum denn nicht?
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Mantar |
Nach fünf Gruppen fehlte nur noch der Headliner.
Warum Mantar ein Shirt im "Beavis & Butthead"-Design dabei hatte, erklärte sich durch die comicfigurhafte Gestalt und spätestens die erste Ansage des Krächzers / Gitarristen sehr schnell.
Ich geh mal davon aus, dass ihr räudiger Black Metal Punk'n'Roll bei mir von der Tageslaune ist. Zu anderen Gelegenheiten hätte ich den stumpfbrutalen Scheiß der beiden wahrscheinlich abgefeiert. Im Moment brauchte ich aber eher etwas zu Essen und ein Bett, als mich von diesem Silvesterböller der schlechten Laune verkloppen zu lassen. Nee, ich musste nach ein paar Songs dann doch mal los...
Insgesamt ein interessanter Festivaltag. Es war eine bunte Mischung, in der nicht alles mein Metier war, dafür aber jede Band einen eigenen Kopf hatte. Einen Tagessieger mag ich nicht einmal küren. Doch gerade die dieses Jahr schon so brilliant erlebten Dool und The Picturebooks hintereinander zu sehen, das war schon ein toller Deckel auf 2017.
Zur Strafe für mein Erscheinen muss ich jetzt zwar den Rest des Wochenendes (und Jahres) ruhig angehen lassen, aber das war's durchaus wert, denn music matters nun mal supreme!
Und Hölle sowieso.