Neben dem neuen Studioalbum des Sun Ra Arekstras hat das Strut-Label uns dieses Jahr noch ein weiteres ganz riesiges Jazzhighlight spendiert.
Schon wenn man das in Tradition von Miles' "Bitches Brew" oder Herbies "Sextant" zu stehen scheinende Coverartwork sieht, ahnt (und hofft) man, dass Bruce Baker aka Idris Ackamoor und seine Pyramids hier einen möglichen Klassiker der Zukunft in die magische Rille beschworen haben.
IDRIS ACKAMOOR & THE PYRAMIDS - Shaman! (2LP) (2020)
Angeführt vom eindeutigen Chef im Ring an Saxophon, lead vocals, spoken words und der sonst heutzutage auch im Kreis von Kamasi Washington im Jazzkontext gesehenen Keytar, spielt sich Ackamoors arschtightes Ensemble (Geige, Flöten, Gitarre, Bass, Congas und Schlagzeug) auf diesem Doppelalbum eigentlich durch zwei Arten von Stücken, deren Ausrichtung sich vor allem nach der Wahl des Basses (Kontrabass oder elektrisch) und den daraus resultierenden Grooves zu richten scheint.
Allen gemeinsam ist der Hang zur weltmusikalischen Rhythmik zwischen Latin und Afro-Beat und die u.a. natürlich an Sun Ra oder auch Alice Coltrane erinnernden Ägyptizismen, welche in den Kontrabass-Tracks eher im schaukelnden Jazzkarawanentakt des Arkestras durch die Wüste schwimmen, während die E-Bass-Songs vor Funk - und teilweise auch Soul - regelrecht explodieren.
Allein der Opener/Titeltrack "Shaman!" brennt ein reinigendes Feuer ab, dessen Glut noch weiter lodert, wenn die acht folgenden acht Stücke schon längst verklungen sind.
Der größte "Hit" unter jenen dürfte das eindringliche, so treffend Ängste unserer Zeit aufgreifende "When Will I See You Again?" sein. Doch auch im überwiegend eher instrumental orientierten Rest des Albums sind beim bösesten Willen keine Schwachpunkte zu finden.
Die Produktion des Ganzen ist vielleicht teilweise schon fast zu perfekt, aber klar, was großartig gespielt ist, darf natürlich auch so klingen.
Ob inspiriert von südafrikanischen Erzählungen, dem letzten nach Amerika aufbrechenden Sklavenschiff, modernem Terror oder dem 2018 verstorbenen Jazzpianisten Cecil Taylor - thematisch ist "Shaman!" durchweg schwer fundiert, dreht es sich doch vor allem um Verlust und Tod.
Dennoch schaffen Idris Ackamoor & The Pyramids es ganz unaufgesetzt, dass das Album vor Hoffnung und positiver Fusionsenergie sprudelt.
Und genau das ist wohl die Magie, die Werke wie dieses gerade heute so wichtig und wertvoll machen.
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