Ich würde sagen: noch räudiger und brutaler klingende Demo-Bonustracks. Und dafür gibt es von dem ansonsten auf dem Heimlabel Southern Lord veröffentlichten "Forest Nocturne" die erweiterte japanische CD-Version von Daymare Recordings.
Besser kann man ein Album eigentlich nicht anteasen.
Tatsächlich jedoch befinden sich diese beiden Songs nun gar nicht auf "Forest Nocturne"! Das ist beinahe schon frech, macht aber anderseits auch gar nichts, da das wesentlich instrumentaler angelegte Album sie in dieser Form nicht einmal nötig hat.
Ich sage "in dieser Form", da ich durchaus das Gefühl habe, dass es immerhin abgewandelte Varianten ihrer Riffs auf den Longplayer geschafft haben.
Die acht Tracks teilen sich grob in zwei Kategorien auf. Zum einen haben wir riffzentrischen schlagzeuglosen Drone-Metal der "Black One"-Schule, wie wir ihn angesichts der Kombination von Künstler und Albumcover wohl auch als erstes erwarten.
Die zweite Kategorie ist eher an Horrorsoundtracks orientiert. Nervenzerrende Synthies und dröhnende Orgeln, die zwar dem vor allem durch seine Arbeiten für Alfred Hitchcock bekannten Komponisten Bernhard Herrmann huldigen, doch ausgerechnet in "Church Of Herrmann" auch unweigerlich an Anna von Hausswolff - und natürlich auch einige ähnlich orientierte Sunn O)))-Werke erinnern.
Strikt trennen lassen sich diese Kategorien nicht. In "Left Hand Lullaby II" finden z.B. alle Arten des schaurigen und tonnenschweren Drones erstmals in geradezu symphonischem Maßstab zusammen.
In Kombination mit Dan Seagrave ist dieser Songtitel natürlich als Entombed-Referenz zu verstehen, zumal auch der Gitarrensound des nachfolgenden "Forest Wake" ganz klar die Sprache schwedischen Neunziger-Jahre-Death-Metals spricht.
Auch der epochale Doppelabschluss aus "Old Growth" und dem zum Finale noch den einzigen Gast des Albums, Extremvokalist Attila Csihar (Mayhem, Sunn O)))) obendrauf kredenzenden "Triumph Of The Oak" bedient sich wieder beider Kategorien, allerdings mit Übergewicht auf der Drone-Metal-Seite.
Csihars Performance ist vor allem auf Kopfhörern ein echter Hirnschmelzer, der einen vorsichtig mit dem Finger nachprüfen lässt, ob einem nicht kraniale Suppe aus den Ohren läuft. Brilliant!
Gewissermaßen kann man "Forest Nocturne" als sehr traditionalistisches Werk begreifen. Allerdings dürfte es schwer werden, Alben zu finden die gerade die hier zitierten Traditionen in ihrer spezifischen Kombination mit derartiger Wucht und Eindringlichkeit zusammenbringen.
Bruchstückhafter, aber auch noch rauer und direkter als die endgültigen Albumtracks, sind die "VHSFNDEMOS" kein überflüssiges Beiwerk des Beiwerks wegen, sondern lassen sich auch gut für sich getrennt vom Album hören. "Höhlenmenschaufnahmen" nennt The Lord selbst diese Demos. Und damit beschreibt er den eigenen brutalen Charme dieser Songskelette eigentlich auch schon ganz treffend. Sehr sehr heavy.
Tatsächlich wurden diese Demos nun auch separat aus Bandcamp veröffentlicht:
Ob zusammen oder getrennt und egal in welcher Version: Musikalisch stimmt's immer. Wenn es mit urgewaltiger Brummgitarren- Orgelmacht den Magen durchkneten soll, dann hat Anderson hier eine echte Messlatte hingelegt. Drone-Metal-Fans kommen an diesem Düsterwald im Grunde gar nicht vorbei. Aber in diesem schaurig schönen "Forest Nocturne" verläuft man sich auch liebend gerne.
Bereits im September erscheint übrigens bereits The Lords nächstes, komplett zusammen mit Sängerin/Geigerin Petra Haden eingespieltes Album "Devotional"!